Am 6. August 1945 ließ die US-Luftwaffe die erste Atombombe über Hiroshima explodieren. Drei Tage später folgte Nagasaki. Innerhalb von Sekunden verbrannten zehntausende Menschen. Bis Ende 1945 waren rund 230.000 Tote zu beklagen – viele starben an den unmittelbaren Verletzungen, viele weitere an Spätfolgen, deren Schrecken bis heute nachwirken.
Es folgten über 2.000 Atomwaffentests weltweit – mit katastrophalen gesundheitlichen und ökologischen Folgen für Menschen und Umwelt.
Der Einsatz dieser neuen Vernichtungswaffe markierte nicht das Ende des Zweiten Weltkriegs – sondern den Anfang eines neuen Zeitalters: des nuklearen Schreckens, der atomaren Erpressung, des Kalten Kriegs. Und obwohl seither keine Macht eine Atombombe als Waffe mehr einsetzte, leben wir in der ständigen Drohkulisse ihrer Möglichkeit.
Heute – 80 Jahre nach Hiroshima – steht die Menschheit womöglich näher am atomaren Abgrund als je zuvor. Die symbolische Weltuntergangsuhr der „Bulletin of the Atomic Scientists“ zeigt: 89 Sekunden vor Mitternacht. So nah war der Planet dem finalen Kollaps noch nie.
Atomkrieg: wieder denkbar – und wieder planbar
Was viele verdrängen: Atomwaffen sind zurück im geopolitischen Kalkül. Washington und Berlin rüsten auf, führen Debatten über „nukleare Teilhabe“, verlegen Bomber und modernisieren Sprengköpfe. Russland hebt sein Moratorium für Mittelstreckenraketen auf – eine direkte Reaktion auf die westlichen Eskalationen.
Der ehemalige „Gleichgewicht des Schreckens“-Gedanke scheint zu kippen. Der neue Modus heißt: Spiel mit dem Feuer.
Die Wahrheit über Hiroshima – und die Lüge vom „Kriegsende“
Die offizielle Rechtfertigung der US-Regierung lautete lange: Der Atombombeneinsatz habe den Krieg verkürzt und Hunderttausende Leben gerettet. Historiker wie Kai Köhler stellen diese Behauptung infrage. Hiroshima, so seine These, war nicht der Schlusspunkt des Krieges, sondern der mörderische Auftakt zum Kalten Krieg – ein politisches Signal an die Sowjetunion, nicht ein militärischer Zwangsakt gegenüber Japan, das bereits in Kapitulationsverhandlungen stand.
Was als „Kalkül“ verkauft wird, war ein Verbrechen an der Menschheit. Und die Nachwirkungen sind bis heute sichtbar – nicht nur in Gedenkfeiern, sondern in den Körpern der Überlebenden und ihrer Kinder.
Atomwaffen sind nicht nur Mordwerkzeuge – sie sind illegal
Die Ärztin Dr. Angelika Claußen von der internationalen Ärzteorganisation IPPNW (Internationale Ärzt*innen zur Verhütung des Atomkrieges) weist zu Recht darauf hin: Nicht nur der Einsatz, auch die Drohung mit Atomwaffen ist völkerrechtswidrig. Das Humanitäre Völkerrecht verbietet Waffen, die keinen Unterschied zwischen Soldat und Zivilistin machen – und genau das ist bei Atomwaffen der Fall: Sie töten blind.
Und sie töten langfristig. Leukämie, genetische Schäden, psychosoziale Traumata – das sind keine Kollateralschäden, sondern systematische Folgen einer absichtsvoll eingesetzten Technologie der Auslöschung.
Was jetzt zählt: Widerstand. Erinnern. Entwaffnen.
Der 6. August darf nicht zur bloßen Gedenktagsroutine verkommen. Hiroshima ist keine ferne Geschichte, sondern eine Warnung für unsere Gegenwart. Wenn Politiker heute wieder über „begrenzte Atomschläge“ fabulieren oder neue Atomwaffen „nur als Abschreckung“ positionieren wollen, müssen wir erinnern:
Wer mit Atomwaffen droht, stellt die Menschheit unter Geiselhaft.
Wir brauchen eine neue Debatte über atomare Abrüstung – nicht nur diplomatisch, sondern zivilgesellschaftlich laut. Jeder Schritt zu mehr „Abschreckung“ ist ein Schritt näher zur Auslöschung.
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Hiroshima war der Anfang. Wenn wir nichts ändern, ist das Ende kein „Wenn“, sondern ein „Wann“.