Friedrich Merz behauptet, der Sozialstaat sei nicht mehr finanzierbar. Das ist Unsinn. Deutschland erwirtschaftet heute mehr als je zuvor. Nur wird das Geld immer ungleicher verteilt. Während wenige ihren Reichtum ins Maßlose steigern, wird der Mehrheit eingeredet, man könne sich soziale Sicherheit nicht mehr leisten. Gleichzeitig verschlingt die massive Aufrüstung Milliarden, die an anderer Stelle dringend gebraucht würden – für Bildung, Pflege, Gesundheit und sozialen Zusammenhalt. Diese Militarisierung der Politik ist ein Irrweg, der den sozialen Frieden gefährdet.
Bärbel Bas hat recht, wenn sie dieses Gerede als Bullshit bezeichnet. Aber sie und die SPD müssen endlich aufhören, der Union und den Arbeitgeberverbänden hinterherzulaufen. Die SPD muss wieder zu ihren sozialen Wurzeln stehen und ihrer Geschichte gerecht werden – als Partei der Gerechtigkeit und Solidarität. Der Sozialstaat ist kein Kostgänger, sondern Fundament einer funktionierenden Gesellschaft. Er schützt Menschen, sichert Einkommen, schafft Vertrauen – und stützt in Krisen die Wirtschaft.
Wer den Sozialstaat angreift, greift die Demokratie an. Denn soziale Unsicherheit ist der beste Nährboden für Radikale. Es geht nicht um Sparen, es geht um Verteilung. Um die Frage, wer die Lasten trägt und wer profitiert.
Angriff auf den Acht-Stunden-Tag
Merz will das Arbeitszeitgesetz ändern. Statt einer täglichen Grenze von acht Stunden soll es künftig nur noch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit geben. Klingt flexibel, ist aber brandgefährlich.
Schon heute schuften Millionen Menschen bis zur Erschöpfung. Überstunden werden kaum ausgeglichen, viele nicht einmal bezahlt. Die Behauptung, die deutsche Wirtschaft leide unter zu wenig Arbeitsleistung, ist eine Beleidigung für alle, die Tag für Tag den Laden am Laufen halten.
Würde das Gesetz aufgeweicht, wären 13-Stunden-Tage möglich. Besonders in Pflege, Handel, Logistik und Sicherheit würde das Menschen kaputt machen. Der Acht-Stunden-Tag ist kein Relikt, sondern ein Schutzrecht. Er wurde erstritten und darf nicht geopfert werden.
Die Rente – Fundament der Gerechtigkeit
Die gesetzliche Rente ist tragende Säule sozialer Sicherheit. Das neue Rentenpaket stabilisiert das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent. Ohne dieses Gesetz würde es schon bald sinken. Das ist richtig – aber nicht genug.
Das Rentenniveau muss wieder steigen, auf mindestens 50 Prozent. Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, muss im Alter davon leben können. Die Versuche, die Rente kleinzurechnen oder in private Vorsorge abzuschieben, sind durchsichtig: Sie dienen den Interessen der Finanzbranche.
Eine solidarische Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen – auch Beamte, Selbständige und Politiker – wäre gerecht und finanzierbar. Die SPD würde Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, wenn sie genau das endlich anpackt.
Gesundheit und Pflege am Limit
Die Finanzprobleme in Kranken- und Pflegeversicherung sind politisch verursacht. Milliarden, die eigentlich aus Steuern bezahlt werden müssten, landen bei den Beitragszahlern. Zehn Milliarden Euro jährlich zahlt die Gemeinschaft für Aufgaben, die Sache des Staates sind.
Nötig ist ein klarer Schnitt: Schluss mit versicherungsfremden Leistungen. Große Einkommen müssen stärker herangezogen werden, Beitragsbemessungs- und Versicherungspflichtgrenzen gehören angehoben. Am Ende braucht es eine echte Bürgerversicherung, die alle umfasst.
Pflege und Gesundheit lassen sich nicht durch Zahlen retten, sondern durch Menschen. Wer in diesen Berufen arbeitet, muss mitentscheiden, wenn über Reformen gesprochen wird. Alles andere ist respektlos.
Bürgergeld: Sparen an den Schwächsten
Während Reiche ihre Gewinne in Steueroasen parken, soll beim Bürgergeld gekürzt werden. Fünf Milliarden Euro Einsparung – ausgerechnet bei denen, die kaum über die Runden kommen. Das ist keine Politik der Mitte, das ist Zynismus.
Viele Betroffene arbeiten und stocken ihr Einkommen mit Bürgergeld auf. Nun will man ihnen auch noch ihre Ersparnisse nehmen. Die SPD sollte sich daran erinnern, wofür das S in ihrem Namen steht. Wer die Menschen in Angst hält, zerstört Vertrauen.
Richtig wäre, auf Bildung, Qualifizierung und stabile Arbeit zu setzen, statt Menschen in miese Jobs zu zwingen. Nur so entsteht soziale Sicherheit.
Ein Herbst der Entscheidungen
Im Herbst prasseln die Ergebnisse zahlreicher Kommissionen auf uns nieder – zu Rente, Pflege, Gesundheit und Sozialstaat. Es wird ein Sturm aus Sparplänen, Tabellen und Schlagwörtern geben. Die CDU/CSU wird versuchen, Angst zu schüren und Verantwortung nach unten abzuwälzen.
Doch die Mehrheit im Land will keinen Sozialabbau. Sie will Gerechtigkeit, Sicherheit und Respekt. Und sie will in Frieden leben, nicht in einer Atmosphäre von Angst und Aufrüstung. Wer das ernst nimmt, muss jetzt Haltung zeigen. Der Sozialstaat ist kein Luxus, sondern das Herz einer demokratischen Gesellschaft. Wenn er zerbricht, zerbricht mehr als nur ein System. Die Milliarden für militärische Aufrüstung verschwinden in Projekten ohne gesellschaftlichen Nutzen, während soziale Aufgaben vernachlässigt werden. Diese Verschiebung der Prioritäten und die begleitende Hetze gegen angeblich Schwache sind ein Irrweg, der die Gesellschaft spaltet und das Vertrauen zerstört.