Bedrohung – aber wessen Realität?
Ja, es gibt einen Krieg in der Ukraine. Ja, Russland hat mit seinem Angriff auf die Ukraine einen Bruch des Völkerrechts begangen. Das ist keine Kleinigkeit – und niemand sollte das schönreden. Aber: Wird Deutschland dadurch unmittelbar bedroht? Ist Litauen wirklich akut gefährdet – oder geht es um Symbolik, Machtpolitik und Interessen?
Die Bundesregierung – vor allem unter Führung von Verteidigungsminister Pistorius und Bundeskanzler Merz – interpretiert diese Bedrohung als militärisch und territorial. Die Konsequenz: Truppenverlagerung nach Litauen, Aufbau einer Panzerbrigade, NATO-Rhetorik auf höchstem Alarmlevel.
Entsteht die Bedrohung nicht erst durch dieses Verhalten – oder wird sie zumindest verstärkt? Die Geschichte lehrt uns, dass Eskalationsspiralen häufig durch gegenseitige Aufrüstung in Gang gesetzt wurden. Und genau das passiert gerade wieder – mit Ankündigung, Inszenierung und Pressebegleitung.
Die „reale Bedrohung“ als politisches Konstrukt
Der Begriff „reale Bedrohung“ klingt nach objektiver Gefahr. Aber er ist ein politisches Werkzeug – und hochgradig interpretierbar. Für die Bundesregierung scheint es Realität zu sein, dass Russland bald NATO-Gebiet angreifen könnte. Doch woher stammt diese Annahme? Aus verlässlicher Geheimdienstinformation? Aus historischen Mustern? Oder aus westlicher Propaganda, wie sie in den Medien zunehmend unhinterfragt transportiert wird?
Wir erleben einen Rückfall in das Denken des Kalten Krieges – und dieses Denken erzeugt mehr Bedrohung als es verhindert. Der Aufbau deutscher Kampftruppen in Litauen – auf dem Kathedralenplatz mit Parade und Marschmusik – ist kein defensives Zeichen, sondern ein symbolischer Angriff auf das Konzept von Entspannung und Diplomatie .
Wahrnehmung macht Wirklichkeit
Politik ist Wahrnehmung. Wenn Regierungen und Medien unaufhörlich von Bedrohung reden, dann fühlen sich Menschen bedroht. Wenn Aufrüstung als einzige Antwort verkauft wird, dann wird Aufrüstung zum Selbstläufer. Das führt zu einer gefährlichen Dynamik: Was als Reaktion gemeint ist, wird zur Provokation – und schafft so erst die Realität, die man vorgibt zu bekämpfen.
Was wäre eine Alternative?
Die Ostpolitik der 1960er und 70er Jahre hat gezeigt: Man kann auch anders. Durch Gespräche, Verträge, Verständigung. Auch heute wäre das möglich – durch multilaterale Sicherheitsgarantien, durch neutrale Vermittler, durch ein Ende der Sanktionen als pauschales Druckmittel und stattdessen differenzierte Diplomatie. Aber all das hat aktuell keinen Platz in der Regierungserzählung.
Fazit: Die Bedrohung ist nicht vom Himmel gefallen
Sie ist politisch hergestellt – durch Rhetorik, durch Truppenbewegungen, durch Medienbilder. Sie ist nicht „unreal“, aber sie ist auch nicht naturgegeben. Und solange wir das nicht erkennen, laufen wir blind in die nächste Eskalation.