Da war er wieder, dieser Ton. Ein warnender, ernster, beinahe düsterer Ton in einem Leitartikel, der sich mit der russischen Bedrohung befasst. Von einem „großmaßstäblichen konventionellen Krieg“ war da die Rede, von Analysen des Bundesnachrichtendienstes, von einer Aufrüstung, die nötig sei. Alles sehr besorgt, alles sehr dramatisch. Und ja – es macht etwas mit einem, wenn man das liest.
Aber genau hier beginnt mein Unbehagen.
Denn so verständlich es ist, auf Risiken hinzuweisen – so gefährlich ist es, wenn nur noch eine Perspektive die Debatte bestimmt. Wenn wir unsere Gedanken und Diskussionen einbetonieren in das militärische Schwarz-Weiß-Denken. Russland als Aggressor, der Westen als Verteidiger. Als gäbe es keine Geschichte dazwischen, keine Diplomatie, keine Zwischenräume.
Natürlich: Was Putin in der Ukraine tut, ist brutal. Aber wer daraus schließt, dass nur noch Aufrüstung hilft, übersieht Wesentliches. Der Westen – auch Deutschland – ist militärisch bereits jetzt weit überlegen. Und dennoch entsteht keine Sicherheit. Warum?
Weil Sicherheit nicht in Panzern entsteht, sondern in Beziehungen. In Bildung. In sozialem Ausgleich. In einem demokratischen Klima, das Angst nicht in Aggression umwandelt, sondern in Dialog. Genau das fehlt – und das ist kein militärisches, sondern ein gesellschaftliches Problem.
Was wir brauchen, ist keine weitere Rüstung, sondern eine soziale Renaissance. Eine neue Idee von Zusammenhalt, die sich nicht am Bedrohungsszenario, sondern am Mitgefühl orientiert. Die Raum schafft für Widerspruch, für Zweifel, für konstruktiven Streit. Denn: Eine resiliente Gesellschaft entsteht nicht aus Härte, sondern aus Haltung.
Die Vorstellung, man könne dem autoritären Denken mit noch mehr Waffen begegnen, ist selbst Teil dieser Logik, die wir doch eigentlich überwinden wollen. Die Spirale der Angst dreht sich nicht langsamer, nur weil man sie mit modernem Gerät füttert.
Nein – wir müssen aussteigen. Uns selbst neu denken. Wieder Vertrauen lernen – in unsere Demokratie, in den Wert des Menschlichen, in die Kraft der Vernunft.
Deshalb sage ich: Keine neuen Panzer. Sondern neue Perspektiven. Keine weitere Militarisierung. Sondern ein Aufbruch in die soziale und kulturelle Widerstandskraft.
Denn nur, wenn wir im Innern stabil sind, kann uns im Außen nichts erschüttern.